ETHISCHE ASPEKTE

Der Mensch trifft die Entscheidungen wie er sein Leben gestalten möchte selbstbestimmt. Solange er selbst die Konsequenzen seiner Handlungen einschätzen kann, muss sein freier Wille berücksichtigt werden – auch wenn seine Entscheidungen nicht immer zugunsten des eigenen Wohles sind oder unvernünftig erscheinen. Wenn der Pflegebedürftige sich jedoch erheblichen Schaden zufügen und sich selbst massiv gefährden würde, ist das ein berechtigter Grund diesem Wunsch zu widersprechen und nicht zu erfüllen.

Bei einer Verweigerung von Essen und Trinken muss zunächst analysiert werden, wo die Ursachen dafür liegen könnten. Hierbei kann es sich um eine medizinische oder psychosoziale Komponente handeln. Wenn man an den möglichen Ursachen anknüpft und die Behandlung dieser keine Verbesserung der Situation herbeiführen, steht die Frage der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr im Raum.

Diese ist als therapeutische Maßnahme zu sehen und benötigt einer medizinischen Indikation. Kann der Betroffene sich nicht mehr selbst äußern und hat seinen Willen nicht in Form einer Patientenverfügung festgelegt, ist grundsätzlich von seiner Zustimmung auszugehen. Hier kann es zu unterschiedlichen Sichtweisen und Konflikten zwischen Arzt und gesetzlicher Betreuung / Angehörigen kommen. Hilfreich ist die Einberufung eines Ethikkonsils, in dem die Entscheidung dann von Ärzten, Pflegenden, gesetzlichem Betreuer, Angehörigen, Seelsorger o.ä. multidisziplinär getroffen wird.

Wenn sich der Betroffene im Sterbeprozess befindet, soll dieser nicht von lebenserhaltenden Maßnahmen verzögert werden. Wenn es der ausdrückliche Wille des Sterbenden ist, dann darf das Sterben durch die Einschränkung oder den Abbruch einer medizinischen Behandlung ermöglicht werden.

Der Arzt ist verpflichtet einen menschenwürdigen Tod durch eine palliativ-medizinische Versorgung zu ermöglichen. Die Versorgung mit Nahrung und Flüssigkeit kann in der Sterbephase jedoch eine große Belastung für den Organismus darstellen, sodass möglicherweise davon abzusehen ist. Dennoch muss auf die Grundbedürfnisse Hunger und Durst eingegangen werden, was in den meisten Fällen durch eine sorgfältige Mundpflege zu erreichen ist.

Bei Betroffenen, die sich noch nicht im Sterbeprozess befinden, aber ein nahender Tod abzusehen ist, sollten lebenserhaltende Maßnahmen ebenso überdacht werden, sofern sie das Leid nur verlängern würden. Auch hier ist der ausdrückliche Patientenwille zu berücksichtigen, sodass auch eine mögliche Verkürzung der Lebenszeit toleriert werden darf.

 

Zusammenfassend lässt sich Folgendes feststellen:
  1. Der Patientenwille ist maßgeblich für das weitere Vorgehen
  2. Wenn der Patient sich nicht mehr äußern kann und der mutmaßliche Wille nicht bekannt oder in Form einer Patientenverfügung festgelegt ist, gilt es in einer ethischen Fallbesprechung einen Konsens unter allen Beteiligten zu finden
  3. Die künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr macht nur Sinn, sofern sie das Wohlbefinden und die Lebensqualität deutlich verbessert
  4. Der Sterbeprozess darf nicht in die Länge gezogen werden, ggf. darf sogar die Verkürzung der Lebenszeit bei massivem Leiden in Kauf genommen werden
Eine pauschale, ethisch vertretbare Lösung für die künstliche Versorgung mit Nahrung und Flüssigkeit am Lebensende gibt es nicht. Über das Ergreifen dieser Maßnahme bzw. über das liebevolle Unterlassen ist stets individuell zu entscheiden!