SCHMERZERKEN­NUNG

Beobachtung

Als Grundvoraussetzung einer Schmerztherapie müssen Schmerzen erkannt, ernstgenommen und richtig charakterisiert werden. Die Krankenbeobachtung ist hier von großer Bedeutung.

Schmerzwahrnehmung stellt immer ein subjektives Empfinden dar. Die Äußerung von Schmerzen muss als solche immer ernstgenommen werden, auch wenn diese objektiv zunächst nicht nachvollziehbar erscheint, (z.B., weil der Betroffene bereits Schmerzmittel erhalten hat). Es gilt also dem Betroffenen seinen Schmerz nicht abzusprechen, sondern den Schmerz als solchen anzuerkennen und entsprechend zu behandeln:

„Schmerz ist, wenn der Mensch sagt, dass er Schmerzen hat“.

Die Schmerzmedikation selbst wird zwar von Ärzten bzw. von MitarbeiterInnen der Spezialisierten Ambulanten Palliativen Versorgung (SAPV) oder vom Hausarzt verordnet und angesetzt, aber diese sind darauf angewiesen, dass der Schmerz in seiner Qualität und Intensität erkannt wird, um ihn ausreichend behandeln zu können. In einer palliativen Versorgung im Pflegeheim sind die Pflegenden unter Umständen das „Sprachrohr“ für ihre Bewohner und müssen ihre Einschätzung weitergeben, damit entsprechend gehandelt werden kann.

Es gibt mehrere Möglichkeiten den Schmerz subjektiv zu beurteilen und teilweise ist dies auch davon abhängig, ob sich der Betroffene äußern kann. Sofern es dem Betroffenen möglich ist zu antworten, sollte der Schmerz folgendermaßen erfragt werden:

 

  • Lokalisation: Wo tritt der Schmerz auf?
  • Qualität: Um welche Art Schmerz handelt es sich? – stechend, brennend, ziehend, bohrend, dumpf
  • Häufigkeit: Wie oft tritt der Schmerz auf? Tritt er nur bei bestimmten Tätigkeiten oder Bewegungen auf? Ist er andauernd, mehrmals pro Tag, besonders nachts oder tagsüber spürbar?
  • Dauer: Wie lange bestehen die Schmerzen? – Stunden, Tage, Wochen, Monate
  • Intensität: Wie stark ist der Schmerz?

 

Zur Schmerzeinschätzung gibt es verschiedene Assessment-Instrumente, welche die Erhebung unterstützen können, wie z.B. die Numerische Rating-Skala (NRS), die Gesichter-Skala mit Smileys, die ECPA (Schmerzerfassung bei alten Menschen mit stark eingeschränkter Kommunikation) oder auch die BESD (Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz).

Die numerische Rating-Skala kategorisiert den Schmerz als Zahlenwert zwischen 0 (kein Schmerz) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz). Dieser Wert ist vom Patienten zu erfragen. Als Alternative, vor allem bei Kindern, steht die 5-stufige Analogskala nach Pothmann zur Verfügung, die auch als Smiley-Skala bezeichnet wird.

Es gibt Situationen, in denen sich der Betroffene nicht selbst verbal zu seinen Schmerzen äußern kann, z.B. wegen geistigen oder kognitiven Einschränkungen, einer weit fortgeschrittenen Erkrankung, etc. Hier gilt es sorgfältig zu beobachten und diese Beobachtungen miteinander zu kombinieren.

Neben Lauten wie Stöhnen, Brummen, Schreien oder Seufzen gibt es auch verschiedene nonverbale Zeichen, die auf Schmerzen hindeuten können. Ein starrer Blick, zusammengekniffene Augen, ein verzerrtes Gesicht, Tränen, abwehrendes Verhalten oder das Aufeinanderpressen der Zähne können Ausdruck von Schmerzen sein.

Auch eine Veränderung der Vitalzeichen, z.B. der Anstieg von Puls und Blutdruck sowie eine schnelle Atmung können auf bestehende Schmerzen hindeuten. Auch wenn ein bestimmtes Körperteil immer wieder berührt, gehalten oder massiert wird, schmerzt dieses möglicherweise. Weitere Anzeichen wie Unruhe, Schwitzen, ein rotes Gesicht oder eine angespannte Muskulatur können auftreten. Ebenfalls kann eine veränderte Verhaltensweise darauf hindeuten, dass die Person Schmerzen hat, z.B. wenn diese aggressiver reagiert als üblich, Appetitlosigkeit zeigt oder sich aus dem sozialen Bereich zurückzieht.

Es ist wichtig auch bei weit fortgeschrittener Erkrankung immer wieder eine Schmerzanamnese durchzuführen, um ggf. andere Ursachen wie z.B. eine frische Fraktur, die zusätzliche Schmerzen verursacht, auszuschließen.